Piratinnen auf großer Fahrt!
Bewohnerinnen des Frauenschutzhauses auf Wochenendstreifzug
Für einige der Frauen und Kinder, die bei uns im Schutzhaus wohnen oder vor einiger Zeit noch dort gewohnt haben, war das Kentern des knallroten Kajaks der Höhepunkt des gemeinsamen Wochenendes im Sonnenland-Ferienpark in Moritzburg. Pitschnass kamen sie ans Ufer, schnappten sich gemeinsam das knallrote Boot und schütteten das gesammelte Wasser aus dem Bootsinneren raus, lachten, tropften und erzählten sich lebhaft, wie es dazu kam. Dieser jährliche, für uns ganz wichtige Wochenend-Sommer-Ausflug mit den Bewohnerinnen des Frauenschutzhauses ist für unsere Mitarbeiterinnen eine ganz besonders wertvolle Zeit. Durch solche unvorhergesehenen Ereignisse sind alle nochmal anders gefordert und erleben sich gemeinsam in der Gruppe in besonderen Momenten, leisten Hilfestellungen und erleben sich emotional. Das Boot ist nicht gesunken! Es hatte eine leichte Schieflage, wackelte, kippte kurz. Aber alle retteten sich durch Selbstermächtigung, Kenntnis und tatkräftiges Anpacken an Land. Das war ein echt starkes Bild für alle!
Raue See für echte Piratinnen
Anders erging es einst Anne Boney und Mary Read, dem legendärsten Piratinnen-Paar aller Zeiten. Sie plünderten und mordeten mit einer gewalttätigen Piraten-Crew durch die Karibik. Anne Boney stammte aus widrigen Verhältnissen, von ihrem Vater verstoßen, im Umfeld von Gelegenheitsseeräubern aufgewachsen, lebte sie auf und unter Deck, umgeben von Saufgelagen, blutigen Auseinandersetzungen und rauem Umgangston. Sie heuerte als Mann verkleidet auf dem Piratenschiff von Charles Vane an und lernte dort den Steuermann Calico Jack Rackham kennen, mit dem sie bald darauf ein eigenes Schiff kaufte. Auf diesem Schiff begegnete ihr einige Jahre später „Mark“ alias Mary Read. Der Legende nach verliebten sich die beiden Frauen und lebten fortan ein Räuberinnenleben auf dem Piratenschiff. Trotz dessen, dass sie sich in Sorge und Liebe umeinander kümmerten, wurden beide im Jahr 1720 von der englischen Krone zum Tod durch den Strang verurteilt.
Mutige Baumkronen-Flotte
Geschichten übers Scheitern und Kentern und wieder Aufstehen können Sabine, Anne und Carola, so einige erzählen. Alle drei arbeiten mit unseren Klient*innen im Schutzhaus. Der Samstag war der heißeste Tag des Wochenendausfluges. Geplant war ein Ausflug in den Waldhochseilgarten Moritzburg. Die kühle Luft im Wald unter dem schattigen Blätterdach tat allen richtig gut. „Alle sind hoch in die Baumkronen!“ meinte Anne. Sie war überrascht über Mut und Waghalsigkeit der kletterbegeisterten Frauen, die zwischen den Baumwipfeln ihren Kids die Hand entgegenstreckten.
Einige Kids mussten am Anfang ganz eng begleitet werden. Angst, Unsicherheit und Adrenalin musste kompensiert und überwunden werden. Sabine ist seit einigen Monaten im Frauenschutzhaus für das Wohl der Kinder zuständig. Gerade begleitet sie zwei Kinder, die vor wenigen Tagen erst im Schutzhaus angekommen sind. Mit beiden Kids klettert sie bis in die allerhöchsten Baumwipfel – den aller höchsten Schwierigkeitsgrad in schwindelnden Höhen von mehr als 13 Metern. Wahnsinn! Ausdauer, Kraft und Geschicklichkeit wird für die kleine Baumkronen-Flotte auf die Probe gestellt. Ein waghalsiger Weg, Hand in Hand, ganz sicher diesen Aufstieg gemeinsam zu schaffen, das bringt Selbstvertrauen und Verbindung. Diese ausgesprochen wertvolle Beziehungsarbeit kann Sabine nur während dieser Aktivitäten machen, wenn solche Events gefördert und immer wieder initiiert werden. Der organisatorische Mehraufwand zahlt sich durch die Vertrauensarbeit immer wieder aus.
Seeräuberinnen auf Schatzsuche
Und was wäre eine Piratinnen-Ausfahrt ohne einen Schatz? Kleine hübsche Holzkisten, bestückt mit Edelsteinen und bunten Malereien bastelte Andrea Meng mit den Kindern, die ihre kleinen und großen Geheimnisse gern in Schatzkisten verstecken. Und während sie ganz vertieft in ihren Gedanken die Kisten verzieren, entspannen sich die Kinder, versinken in die kreative Arbeit und in ihre Fantasie. Vielen Dank, Andrea Meng, für deine schon so lange und wichtige Kreativarbeit mit unseren Kindern im Frauenschutzhaus.
Wir danken der Leipziger Kinderstiftung vielmals für die finanzielle Unterstützung.