Kann Paarberatung die Trennung verhindern?

Schmet­ter­lin­ge im Bauch, schwe­ben auf Wol­ke sie­ben, Hor­mon­rausch. Die­se Zustän­de, die anfäng­lich vie­le Paa­re erle­ben, enden immer öfter als Bruch­lan­dung. Im Coro­na-Jahr 2021 lag die Schei­dungs­ra­te in Deutsch­land bei fast 40 %. Vie­le davon kom­men zu uns in die Bera­tungs­stel­le. Die Tren­nung ist schon voll­zo­gen und Kon­flik­te und Kri­sen kön­nen allein nicht mehr gelöst werden.

Wer nutzt die Paartherapie?

Es gibt nur ganz weni­ge Paa­re, die zu uns kom­men und sagen, wir wol­len unse­re Paar­be­zie­hung ver­bes­sern. Viel öfter bera­ten wir, wenn zwei Men­schen unsi­cher sind, ob ihre Bezie­hung noch Zukunft hat oder wie schon gesagt, wenn die Part­ner­schaft geschei­tert ist und bei­de Eltern Unter­stüt­zung brau­chen, um für ihre Kin­der gute Eltern zu sein. Meist sind wich­ti­ge Abspra­chen bezüg­lich der Kin­der­be­treu­ung nicht mehr mög­lich.
Clau­dia Kro­ne, Paar­the­ra­peu­tin in der Fami­li­en- und Erzie­hungs­be­ra­tungs­stel­le arbei­tet seit 2018 bei uns. Sie ist Media­to­rin, sys­te­mi­sche The­ra­peu­tin und Paar­be­ra­te­rin und blickt selbst auf 22 Jah­re Ehe zurück. Auf die Fra­ge, ob ihre eige­nen Bezie­hungs­er­fah­run­gen sie mit paar­the­ra­peu­ti­schen Super­kräf­ten aus­stat­ten, lacht sie und meint, dass natür­lich immer auch in der Bera­tung die eige­nen The­men mit­schwin­gen. Clau­dia Kro­ne berät 30 bis 40 Klient*innen über ver­schie­den lan­ge Zeit­räu­me, je nach­dem, was sie brau­chen. Man­che kom­men nur kurz für eine Inter­ven­ti­on für ein bis zwei Gesprä­che, ande­re schöp­fen fast alle Stun­den, die finan­ziert wer­den, voll aus. Ihr ist es wich­tig, die Paa­re gut zu beglei­ten, offen für unter­schied­li­che Bezie­hungs­mo­del­le zu sein und neu­tral zu bleiben.

Streit – ein Teufelskreis!

Eine Paar­be­ra­tung ist eine vor­beu­gen­de Maß­nah­me, um bestimm­te Ver­hal­tens­mus­ter bes­ser zu ana­ly­sie­ren und in strit­ti­gen Situa­tio­nen die­se zu erken­nen, zu reflek­tie­ren und dar­an zu arbei­ten.
Der klas­si­sche Teu­fels­kreis bei einem Streit läuft, so Clau­dia Kro­ne meis­tens so ab: eine Per­son wird laut, die ande­re zieht sich zurück und die Per­son, die die­sen Rück­zug beob­ach­tet, wird noch lau­ter, weil sie glaubt, die ande­re ver­steht sie nicht rich­tig. Aber das ist nicht wahr! Die sich strei­ten­den Per­so­nen ver­ste­hen auf Sach­ebe­ne meist durch­aus, was die ande­re will, kann es aber aus den unter­schied­lichs­ten Grün­den nicht geben oder erfül­len.
Am Anfang, in der Ver­liebt­heits­pha­se, geben bei­de noch viel für­ein­an­der. Doch dann kommt eine Pha­se, wo jede*r für sich und die eig­nen Bedürf­nis­se einsteht. 

Ein Bei­spiel: Sie will neu­er­dings viel lie­ber abends vorm Fern­se­her häkeln und früh schla­fen gehen, statt noch­mal gemein­sam in die Squash-Hal­le auf­zu­bre­chen, er muss sich aber unbe­dingt noch­mal aus­po­wern. Kommt das öfter vor und es bleibt auf bei­den Sei­ten ein Gefühl der Bedürf­nis­ver­nach­läs­si­gung, kommt es zu Frus­tra­ti­on, spä­ter zu Resi­gna­ti­on. In die­sem Zustand kämpft jede Per­son in der Part­ner­schaft für sei­ne eig­nen Bedürf­nis­se. Kom­men dann noch Vor­wür­fe dazu, wird es noch schwe­rer, Ver­ständ­nis für die Bedürf­nis­se auf­zu­brin­gen. Die lang­sa­me Erschüt­te­rung der Paar­be­zie­hung beginnt so ganz sub­til und schlei­chend. Kommt das Paar nicht ins Gespräch über sei­ne unter­schied­li­chen Bedürf­nis­se und nimmt die­se an, ist der Nähr­bo­den für zer­stö­re­ri­sche Ver­hal­tens­mus­ter geschaf­fen. Die Vor­bo­ten der Tren­nung läuten. 

Am Bei­spiel der fünf apo­ka­lyp­ti­schen Rei­ter, die der US-Bezie­hungs­wis­sen­schaft­ler John Gott­man beschrie­ben hat, kön­nen die größ­ten Bezie­hungs­kil­ler erkannt werden:

  1. destruk­ti­ve und ver­nich­ten­de Kritik
  2. dar­auf­fol­gen­de Verteidigung
  3. Ver­ach­tung
  4. Mau­ern und Rückzug
  5. Macht­de­mons­tra­ti­on

Veränderung statt Stillstand

Vie­le Paa­re glau­ben auch, dass sie alle Mei­nun­gen des Part­ners bzw. der Part­ne­rin* immer gut fin­den müs­sen. Aber dar­um geht es nicht. Es geht nicht um eine Bewer­tung, son­dern viel­mehr dar­um, die Per­son mit ihrer Mei­nung anzu­er­ken­nen und die bei­den unter­schied­li­chen State­ments gut neben­ein­an­der ste­hen las­sen zu kön­nen. Es geht dar­um, gemein­sam einen Weg zu fin­den, mit der Unter­schied­lich­keit umzu­ge­hen und die Indi­vi­dua­li­tät der ande­ren Per­son zu respek­tie­ren, Span­nun­gen aus­hal­ten und dabei in Ver­bin­dung zu blei­ben. Wenn das rat­su­chen­de Paar das eige­ne Han­deln gut reflek­tie­ren kann, dann kann Ent­wick­lung auf bei­den Sei­ten pas­sie­ren. Auf die Fra­ge, wann für Clau­dia Kro­ne ein Gefühl von Erfolg ein­tritt, ant­wor­tet sie ganz klar: „Wenn es Paa­re schaf­fen in Bewe­gung zu kom­men und etwas ver­än­dern oder wenn ich hilf­rei­che Anstö­ße geben konn­te, damit Paa­re neue Din­ge aus­pro­bie­ren und im All­tag etwas ver­än­dern. Es gibt auch manch­mal berüh­ren­de Momen­te. Zum Bei­spiel, wenn sie sich ver­liebt anschau­en, sich berüh­ren und Din­ge aus­spre­chen, die glück­lich machen.“